Haushalt 2017 - wir sagen entschieden NEIN - Rathaus für 6,3 Mio entspricht 25 Einfamilienhäusern

Ostbevern 18.03.2017

Haushaltsrede

Haushalt 2017 ( es gilt das gesprochene Wort )

Sehr geehrte Damen und Herren  

2017 steht ein mögliches neues Rathaus im Focus der Öffentlichkeit.  

Nach einer erfolgreichen Bürgerbefragung haben sich die Bürger mit großem Votum gegen das vom Bürgermeister Annen, der CDU und der FDP favorisierte Investorenmodell entschieden. Das neue Rathaus soll ausschließlich im Rahmen des finanziell Machbaren auf dem gemeindeeigenen Grundstück errichtet werden. Der Rat wird durch das gewählte Verfahren viele Einwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten haben. Ein „Überstülpen“ eines unattraktiven Architektenentwurfes ist somit für uns ausgeschlossen.     

Aber was ist wirklich für Ostbevern finanziell machbar?  

Seit Monaten liege ich Ihnen, Herr Bürgermeister, in den Ohren, uns endlich ein Raumprogramm für das neue Rathaus zur Verfügung zu stellen. Nur ein qualifiziertes objektivierbares Raumprogramm kann die Grundlage für eine seriöse Kostenberechnung sein. Seit Montag dieser Woche – 3 Tage vor der Haushaltsverabschiedung – liegt uns nun diese Kostenberechnung einschließlich eines von ihnen vorgestellten Raumprograms vor. Ihre beigefügte Liste weist für Mitarbeiter im Rathaus überraschend 74 Arbeitsplätze aus. Bei kritischer Durchsicht dieser Tabelle kommt man dann jedoch nur auf 55 Büroarbeitsplätze in ihrem Rathausraumprogramm. Das ist nach unserer Auffassung völlig überzogen!!

Gemäß Homepage der Gemeinde Ostbevern beläuft sich die Mitarbeiterzahl im Rathaus aktuell sogar nur auf 39 Beschäftigte. Auch im aktuellen Stellenplan finden wir nur 47 Gemeindemitarbeiter, von denen aber die nicht im Rathaus tätigen Angestellten, wie die Arbeiter des Bauhofes oder die Schulhausmeister abzuziehen sind.          

Diese überzogenen Wunschvorstellungen führen zu einer Gesamtfläche einschließlich aller Nebenflächen von ca. 2500 m² mit einer Gesamtkostensumme von 6.318.000 € Brutto. Am 07.03.2017 konnten wir der Vorlage im HFA einen Ansatz von 5.275.000 Mio Euro für ein Rathaus entnehmen. 4 Tage später wurden wir dann mit 6.318.000 Mio Euro konfrontiert. Das entspricht einer Kostensteigerung von ca. 20% in 4 Tagen.  

Ein kleiner Ausflug in die Presselandschaft sei an dieser Stelle gestattet. Ein nagelneues Eigenheim kostet lt. WN-Bericht in Ostbevern aktuell durchschnittlich 253.000 €. Also:              

Wir rechnen jetzt gemeinsam: Dann könnten wir für 6,3 Millionen Euro 25 Eigenheime mit jeweils 120 m² Nutzfläche, Garten und sogar einer Garage errichten. Die Garage könnten wir natürlich dann auch als Abstellraum, als Archiv nutzen. Dieses Einfamilienhaus könnten sich dann jeweils 2 Mitarbeiter der Verwaltung teilen.

Sie spüren – hier stimmt etwas nicht. Ich fasse mich kurz – Wir werden einem Rathausneubau wie von Ihnen mit einem Bauvolumen von 6,3 Millionen Euro vorgestellt  - nicht zustimmen.  

 

Da wären wir wieder bei dem finanziell Machbaren. Ihr eingebrachter Haushaltentwurf ist auf tönerne Füße gestellt. Sie, Herr Bürgermeister, beabsichtigen, eine drohende Haushaltssicherung durch den Verkauf von Bauland zu vermeiden.

Die ersten Grundstücke sollen bereits 2018 verkauft werden, obwohl die umfangreiche Planung bis zu einer möglichen „Verkaufsreife“ gerade erst angefangen haben.

Es fehlen noch

  • die Abstimmungsgespräche mit der Bezirksregierung
  • die Änderung des Fächennutzungsplans
  • Grundstücksverhandlungen
  • und Umlegung
  • Bebauungsplan
  • und Erschließung.

Wir sprechen also von einem absolut unrealistischem Zeitfenster.

Der Haushaltsentwurf ist also von vornherein aufs Höchste risikobehaftet. Überhaupt: Die Verkaufserlöse sind per se nur ein kurzfristiger Rettungsanker für den Haushalt, denn Bauland ist nur begrenzt vorhanden. Ein nachhaltiger Haushalt sieht anders aus.

Das strukturelle Defizit unseres Haushaltes bleibt und kann nachhaltig nur durch eine dauerhafte Einnahmeerhöhung und eine Ausgabenreduzierung beseitigt werden.


Aber wie sagte ich noch Eingangs: Was ist wirklich für Ostbevern finanziell machbar? Ist es wirklich finanziell machbar - können wir es uns wirklich leisten Grundstücke an der Hauptstraße weit über den marktüblichen Preis zu erwerben - zu kaufen? – weit über die Empfehlungen des Gutachterausschusses?

Mit Sicherheit nicht. Da freuen sich die Verkäufer und wir zahlen drauf. 

 

Der Ausbau des Glasfasernetzes und die Breitbandversorgung sind zu begrüßen. Bei der Qualität des Ausbaus durch die „Deutsche Glasfaser“ bekommen wir allerdings erhebliche Bauchschmerzen. Wir fordern ein fachgerechtes Verlegen in unserem Dorf. Es kann und darf nicht sein, dass für diese baulichen Defizite die Anlieger später aufkommen müssen. Hier ist eine intensive Kontrolle der Verwaltung gefragt.  

 

Der Antrag auf Förderung zur Neugestaltung unserer Hauptstraße wurde durch die Bezirksregierung abgelehnt. Der Entwurf sieht die Begradigung und Asphaltierung der Hauptstraße und die Entfernung von Pollern und Bäumen vor. Das führt zwangsläufig zu einer Beschleunigung des Autoverkehrs. Das hat nichts mit einer Verbesserung der Aufenthaltsqualität gemein und wurde somit seitens der Bezirksregierung zu Recht als nicht förderungswürdig angesehen. Wir werden diesen Prozess weiter im Sinne einer tatsächlichen Verbesserung der Aufenthaltsqualität und Barrierefreiheit politisch begleiten.

Die von Ihnen geplanten Baukosten von ca. 2,1Mio € bedeuten Anliegerbeiträge (Ansatz für Geschäftstraße ca 50%) von über 1 Mio €. Wie sie, die sich daraus ergebenden Summen, den ca. 30 betroffenen Anliegern verkaufen wollen, ist uns ein Rätsel. Hier muss abgespeckt werden. Völlig intakte Bereiche der Hauptstraße wie Bürgersteige und Parkflächen können erhalten bleiben. Der Fokus muss auf einer verkehrsberuhigenden und barrierefreien Erneuerung der Fahrbahn liegen.  

Aber nochmals: Bevor wir überhaupt über eine Verbesserung der Ortsmitte und der Hauptstraße reden, muss die „Bauruine Kirchner“ verschwinden.  

Und noch einmal zu unserer Hauptstraße: Wir werden eine Perspektivplanung für die Hauptstraße anfordern. Hier stehen aktuell die Grundstücke 48-54 zur Diskussion. Ein Interessenbekundungsverfahren ist eingeleitet. Einen Discounter mit Tiefgarage an dieser Stelle – wie vom Bürgermeister schon vorgestellt und gewünscht - lehnen wir weiterhin ab.  

 

Die personelle Ausstattung unserer Verwaltung war wesentlicher Bestandteil unserer Haushaltsberatungen. Die Verwaltung ist unterbesetzt. Der Bürger spürt, dass viele Vorgänge nicht mehr „rund laufen“ und Prozesse zu lange dauern.

Für mich gibt es allerdings nach 25 jähriger Zugehörigkeit im Rat ein Novum: „Sie Herr Annen, Sie Herr Bürgermeister, will kein Fachbereichsleiter vertreten!“ Es gibt somit erstmalig keinen „Allgemeinen Vertreter“ für den Bürgermeister. Das hat Folgen: Jetzt soll eine Beigeordnetenstelle  - nein: jetzt heißt es „Schaffung einer neuen Fachbereichsleiterstelle“ - eingerichtet werden. Diese Stelle (EG14) muß vorrangig geschaffen werden, um Herrn Annen, den Bürgermeister, vertreten zu können. Diese hochdotierte Stelle würde unseren Haushalt unnötig belasten. Zusätzliches Personal auf Sachbearbeiterebene ist gefragt.  

Beschämend fanden wir das Abstimmungsverhalten der CDU und FDP im HFA zu einer möglichen Erhöhung der Vergnügungssteuer von 16 auf 18%.  

Nein meine Damen und Herren der CDU und FDP – hier handelt es sich nicht um die Erhöhung der Gewerbesteuer, wie sie uns weis machen wollten. Hier ging es uns einzig und allein um eine Chance, einem Spielhallenbetrieb - einem Spielhöllenbetrieb das Leben in Ostbevern zu erschweren – wenn möglich, diesen sogar aus Ostbevern ganz zu vertreiben. Sie meine Damen und Herren stehen zu dieser Art Steuereinnahme – wir nicht! Das unterscheidet uns!  

 

Unseren Vereinen werden wir auch in Zukunft ein verlässlicher Partner sein. Sie können sich auf uns verlassen: auch in finanziell schwieriger werdenden Zeiten. Dem Engagement des Ehrenamtes verdankt Ostbevern seine Familienfreundlichkeit, seine natürliche Vielseitigkeit.  

Meine Damen und Herren,

es ist nur konsequent, dass wir diesem Haushaltsentwurf nicht zustimmen werden.  

Bedanken möchte ich mich bei den Mitarbeiter/innen der Verwaltung und natürlich bei meiner Fraktion.  

 

Jochem Neumann

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